Sonntag, 18. März 2012

Wipfelwärts / Wurzelwärts - Tobias Krejtschi


Der Wurzelwicht lebt ganz unten in der Wurzel eines Baumes, der Wipfelwicht ganz oben im Wipfel. Beide beschließen sich doch mal etwas anderes anzuschauen und klettern los. Der Eine nach oben, der Andere nach unten. In der Mitte treffen sie sich und fragen beide "Ist es noch weit?".
Wen sie noch so treffen auf ihrer Reise den Baum entlang, davon erzählt dieses wunderschön illustrierte Bilderbuchvon Tobias Krejtschi, dass ganz aufgeklappt dann sogar baumgroß ist!!
Peter Hammer Verlag
€16,95

Herzsteine - Hanna Jansen

Sam soll mit seiner Familie für ein Jahr von Hamburg nach Sylt ziehen, da seine Mutter Fe immer wieder mit Angstzuständen zu kämpfen hat. Fe kommt aus Ruanda und ist 17 Jahre zuvor, vor dem Genozid in ihrer Heimat geflohen. Die Erinnerungen daran bestimmen immer mehr ihr Leben. Deswegen der Umzug, raus aus der Stadt auf die ruhigere Insel.
Sam ist überhaupt nicht begeistert, aber er lebt sich in der neuen Schule und Umgebung ein und lernt Enna kennen, deren Mutter sozusagen die Inselhexe ist.
Dann beschließt Fe, dass sie zurück muss nach Ruanda, alleine, um sich ihrer Vergangenheit zu stellen. Denn sie fühlt sich schuldig, dass sie lebt.
 Sam und sein Vater kommen nach einiger Zeit nach und Sam lernt das Land kennen, dass irgendwie auch seine Heimat ist.

Herzsteine ist das Buch, dass mich dieses Jahr am meisten ergriffen hat. Sams und Fes Geschichte erzählen die beiden abwechselnd, wobei man als Leser am Anfang nicht weiss, dass diese zweite Person Fe ist. Ihre Geschichte schockiert einen und lässt einen über Tage nicht mehr los. Der Genozid in Ruanda ist noch nicht einmal zwanzig Jahre her und somit wirklich aktuelle Geschichte, die einen schnell an die Judenverfolgung denken lässt. Immer wieder wird gesagt, das so etwas nicht wieder passieren darf oder kann, aber leider doch tagtäglich in anderen Formen noch immer geschieht.

Hanna Jansen ist eine fantastische Erzählerin, die weiss wovon sie spricht, da sie selbst vierzehn Kriegswaisen, unter anderem auch aus Ruanda aufgenommen hat und somit auch die Geschichte ihrer Kinder erzählt.
Bitte lesen, lesen, lesen!
Frau Jansen wird im Juni auch nach Remscheid zu einer Lesung kommen.

Peter Hammer Verlag
195 Seiten
€14,90

Ersehnt - Cate Tiernan

Ersehnt ist die Fortsetzung von Entflammt, das bereits 2011 erschien.
Nastasja, kurz Nasty, ist eine Unsterbliche, die ihr langes Leben damit verbringt von Party zu Party zu stolpern und die Welt im permanenten Vollrausch zu erleben. Dies ändert sich, als ihr bester Freund Incy einen Sterblichen aus einer Laune heraus umbringt. Nasty sondert sich von ihren Freunden ab und landet auf Rivers Farm, sie eine Art Gehab Center für Unsterbliche mit Burn-Out betreibt. Dort trifft Nasty auf Reyn, den sie sehr anziehend findet, aber meint irgendwoher zu kennen.

Jetzt geht die Geschichte um Nastasja weiter. Sie befindet sich noch immer auf Rivers Hof und versucht eine gute Unsterbliche zu werden und gleichzeitig ihr Herzkuddelmuddel mit Reyn zu lösen. Kann man den Menschen lieben, der deine ganze Familie abgeschlachtet hat?
Doch leider taucht ihre Vergangenheit in Form von Incy wieder auf und bringt das Chaos zurück.

Cate Tiernan schreibt so herrlich rotzig! Nasty führt sich trotz ihrer hunderten von Lebensjahren auf wie ein verzogener Teenager. Dadurch hat man das Gefühl eigentlich ein Tagebuch zu lesen und durchlebt sämtliche Höhen und Tiefen in ihrem unsterblichen Leben.



Loewe Verlag
399 Seiten
€17,95
Das ist übrigens mal wieder ein ganz besonders scheußliches Cover, welches auch nicht sehr viel mit dem  Buch zu tun hat.


Wir können alles verlieren. Oder gewinnen - Seite Parkkola

"Ich heiße Taifun und bin zwölf. Kein schlechtes Alter eigentlich. Und trotzdem kann es für einen Jungen die schlimmste Zeit überhaupt sein. Schlimmer, als wenn dich Organhändler entführen oder du lebenslänglich nachsitzen musst. Zwölf Jahre zu sein ist wie der Auffahrunfall von zwölf Autos. Oder wie eine Achterbahn, die ausgerechnet dann stoppt, wenn du kopfüber in der höchsten Kurve hängst."

Und insofern interessiert sich Taifun auch nicht für viel. Seine Eltern haben sich getrennt, sein Vater hat eine neue Freundin, die auch schon mit ihrer Tochter bei diesem lebt. Nur sein Skateboard bedeutet Taifun alles. Aber genau das muss er als allererstes in seiner neuen Schule, dem "Haus der Möglichkeiten" abgeben. Und irgendetwas scheint mit dieser Schule nicht zu stimmen: die Schüler erwartet erniedrigende Strafen und totale Schikane bei den meisten Vergehen. Von vielen Schülern wird nur noch heimlich gesprochen, da sie nach Auffälligkeiten einfach verschwanden.
Eine dieser Schüler, India, lernt Taifun zufällig in einer leerstehenden Fabrik kennen. Gemeinsam nehmen sie den Kampf gegen das Haus der Möglichkeiten auf.

Spannend geschriebenes Jungenbuch, das einen atemlos beobachten lässt, wie sich die Geschichte immer mehr zum Mysterythriller aufbaut. Und hat bestimmt auch das Zeug zur Schullektüre.
Beltz Verlag
334 Seiten
€ 14,95

Spiegelkind - Alina Bronsky

Die 15jährige Juli ist ein normaler Teenager.
Und das ist auch besser so, in einer Welt in der Normalsein alles ist. Wer von der Norm abweicht, ist ein Freak, ein Aussätziger, der Bodensatz der Gesellschaft.
Doch alles ändert sich, als Julis Mutter plötzlich verschwindet und es keinen zu stören scheint. Den Vater nicht, die Großmutter nicht und auch die Polizei rührt keinen Finger, obwohl alles nach einer Gewalttat aussieht. Und Juli fängt an zu zweifeln. Und stellt Fragen. Und erfährt in einem Streit mit ihrem Vater, dass ihre Mutter eine Phee ist, zu jenen Geschöpfen, die von den Freaks vergöttert und den Normalos verachtet werden.
Mit diesem Wissen, eine Pheentochter zu sein, forscht Juli nach ihrer Herkunft und stellt dabei alles in Frage, was bisher für sie normal war.
Zusammen mit ihrer neuen Freundin Ksü und deren Bruder macht sie sich auf die Suche nach ihrer Mutter.

Ein unglaublich fesselndes Buch, das ich nicht mehr aus der Hand legen konnte und sehr gespannt auf die Fortsetzung bin.
Liebe Frau Bronsky, bitte schreiben Sie schnell!!!!!

Arena Verlag
304 Seiten, €14,99
http://www.spiegel-trilogie.de/

Dark Angels Summer

Lieber arena Verlag,
ich habe euch Unrecht getan. Euer TopTitel "Dark Angels Summer", den ich für doof, nicht ansprechend, blödes Cover, dämliche Autorenvita...usw hielt, hat mich gerade doch sehr umgehauen. In einem Stück gelesen, nur unterbrochen durch zwingende Lebenserhaltungsmaßnahmen. 
Es ist die Geschichte der Schwestern Dawna und Indie, die mit ihrer esoterisch mehr als angehauchten durchgeknallten Mutter auf die Farm ihrer verstorbenen Großmutter zurückkehren und dort Stück für Stück lernen, dass hinter ihren Kindheitsspielen und Erinnerungen doch mehr steckt, als sie dachten.
Trotzdem unterschreibe ich weiterhin alle oben genannten Kritikpunkte!
Und kleiner Tipp an alle Verlage: Lasst doch endlich diesen Frauenprofilscheiß auf den Covern. Unterscheidet euch und macht nicht immer diesen Einheitsbrei. Die Leser finden eure Schätze auch ohne optische Hilfe. Im Gegenteil, viele schreckt es (wie in meinem Fall) eher ab.

PS: Die Autoren schreiben unter Pseudonym. Und man ist überrascht, wenn man erfährt, wer dahinter steckt.

Das Mädchen mit den gläsernen Füßen


Das Leben ist grausam und hoffnungslos!
Das ist jedenfalls das Gefühl, das Ali Shaws "Das Mädchen mit den gläsernen Füßen" gerade bei mir hinterlässt.
Alle Charaktere haben mit Verlusten zu kämpfen, lassen sich von der Vergangenheit zu sehr beeinflussen und stehen ihrem Glück mehr oder weniger selbst im Weg. Das ganze in einer Landschaft, die aus Schnee und Eis und Kälte besteht und dabei so unwirklich und zerbrechlich wirkt, wie Ida, das besagte Mädchen mit den gläsernen Füßen, die sich langsam vollständig in Glas verwandelt. Zwischendurch kreuzen so fantastische Dinge wie geflügelte Minirinder den Weg, aber am Schluss des Buches bleibt die Frage, woher sie kommen und was genau mit dieser Insel ist weiterhin der Fantasie des Lesers überlassen.
Sprachlich und erzählerisch ein wunderbares Buch, aber man muss sich darauf einlassen.
Wer hier einen Romantasy (wie dämlich doch dieses Wort ist)Schmöker à la Twilight u.ä. erwartet, wird sehr enttäuscht sein. Wer die Irrealität von Tim Burton oder Edward mit den Scherenhänden mag, wird Gefallen daran finden. Mich hat es trotz aller Trostlosigkeit verzaubert.

script5
€19,95

Frau Redlichs Buchmesse

Die Leipziger Buchmesse ist schon wieder fast vorbei, aber dann mache ich einfach hier weiter. Und zwar mit den Frühjahrsneuerscheinungen. Fast alle bereits im Januar gelesen, aber jetzt darf man endlich auch darüber sprechen.
Eines der schönsten Kinderbücher dieses Frühlings kommt von Kirsten Boie:
"Der Junge, der Gedanken lesen konnte"

Valentin zieht mit seiner Mama in den Sommerferien um, da sie für eine Drogeriemarktkette arbeitet und versetzt wurde. Also muss Valentin erst mal alleine die neue Gegend erkunden und landet irgendwann auf dem Friedhof. Dort lernt er eine Menge wunderbarer Menschen kennen.
Zum Beispieö die Schilinskys, die ihr Doppelgrab einfach schon zu Lebzeiten als Schrebergartenersatz nutzen und sich täglich mit Nudelsalat und Schlagermusik dort einfinden um den Sommer zu genießen.
Oder Dicke Frau, die immer mit ihrem Einkaufswagen über den Friedhof zieht und Sachen vor sich hinmurmelt. Und Herr Schmidt, der täglich seine bereits verstorbene Frau besucht.
Als Bronislaw, der Friedhofsgärtner, niedergeschlagen wird und Valentin feststellt, dass er die Gedanken anderer Menschen sehen kann, überschlagen sich die Ereignisse und Valentin versucht auf eigene Faust den Täter zu finden.

Kirsten Boie zeigt mit diesem Buch einmal mehr, dass sie die Welt durch Kinderaugen sieht und auch immer die Veränderungen erkennt. Erstaunlich ist, dass in diesem Buch fast nur Migrantenkinder zu Wort kommen. Valentin, der aus Russland stammt und mit seiner Mutter auch ein wenig von dort geflohen ist. Mesut, der auch mit in dem Hochhaus lebt und der irgendwie ganz verloren wirkt zwischen Tradition und Moderne.
Frau Boie fängt viele aktuelle Misstände in diesem Buch ein, betrachtet diese aber aus Kindersicht, zum Beispiel wie es ist, wenn Mama alleinerziehend ist, aber bis 21 Uhr arbeiten muss.
Es ist ein wunderbar spannendes Buch zum lachen, zum Weinen und zum Mitfiebern. Illustriert von Regina Kehn, die die jeweiligen Stimmungen und sogar die enorme Hitze des Sommers in ihren Bildern einfängt.
Kirsten Boie
Der Junge, der Gedanken lesen konnte
Oetinger Verlag
320 Seiten, €14,95